Der folgende Artikel wurde von Günther Wulf, einem ehemaligen Besitzer der “Greta”, geschrieben, vermutlich im Jahr 1983. Der Artikel beschreibt wunderbar detailiert die Geschichte unserer Greta im 20. Jahrhundert. Außerdem werden die großen Reparaturarbeiten an der Greta, die im Winter 1982/1983 stattfanden, beschrieben.

VON “GRETA” BIS “GRETA” – über die Restaurierung eines Finkenwerder Fischkutters

Im Jahr 1904 ließen zwei Brüder aus Blankenese bei der Schierhorn-Werft an der Elbe einen Fischkutter bauen. 1924 kaufte der Fischer Hustedt den Kutter und vererbte später die „Greta“ an seinen Sohn, Arndt Hustedt. Dieser benutzte den Kutter wie sein Vater zum Fischfang. Die Greta hatte zu dieser Zeit noch keinen Motor. Um 1945 wurde die „Greta“ von dem jüngeren Bruder des Arndt H., Jacob H., instand gesetzt. Die Heckpartie musste total erneuert werden und die Planken wurden insgesamt erneuert. Ein Motor wurde eingebaut, und das bis dahin offene Schiff bekam ein Deck mit einem Motoraufbau und zwei Ladeluken rechts und links neben der Bünn. Das runde Heck wurde aus Kosten- und aus „Modegründen“ spitz (Entenheck). Die Schwertkonstruktion im Bünnbereich wurde beibehalten. Nach dem Umbau hat Jacob H. auch noch einige Jahre mit der „Greta“ gefischt. 1963 kaufte der Schiffbauingenieur Ernst Moritz Arndt aus Hamburg Wedel die „Greta“ und taufte sie auf den Namen seiner damaligen Verlobten „Inga“ um. Ernst Moritz Arndt veränderte den Rumpf und den Aufbau. Er machte die Bünn dicht und baute aus dem Bünnraum eine Kajüte. Auf das Mitteldeck setzte er einen Yachtaufbau. Das bis dahin gefahrene Luggersegel nähte A. zu einem Gaffelsegel um. Das Steckschwert wurde durch ein Klappschwert ersetzt, das über eine Winsch am Mast aufgeholt werden konnte. Im Mai 1972 verkaufte A. das Schiff an unseren Gaffelfreund, Kay Greiser, der die „Inga“ in „Magellan“ umbenannte. Kay G. segelte mit seiner „Magellan“ nur eine Saison – und weil das Geld für die fälligen Reparaturen des Decks und der Stützen fehlte, tauschte er die „Magellan“ gegen einen modernen, intakten Segler ein. Neuer Besitzer wurde im Herbst 1972 Paul Kostrewa, zu der Zeit wohnhaft in Weesby an der Schlei. Kostrewa ließ durch einen Zimmermann seiner Baufirma einen großen Sperrholzaufbau, anstelle der traditionellen Vorderkajüte und des Yachtaufbaus, aufbauen. Später legte K. noch auf das alte Deck und auf den Aufbau ein dünnes Teakstabdeck (äußerlich war das der Aufbau, den man bis 1982 auch auf der „Tykke Venn“ bewundern konnte). Alte Decksteile und verrottete Stützen wurden in ihrem schlechten Zustand belassen. K. baute das Schwert aus und ersetzte es durch eine fest installierte Eisenflosse. Diese war mit acht Bolzen am alten Kiel befestigt – sechs Bolzen im Bünnbereich ohne verstärkte Spanten! In diesem Zustand wurde die „Magellan“ Ende der 70er Jahre von Gunter Silke, Flensburg, aus einer Konkursmasse ersteigert. Gunter S. begann mit notwendigen Reparaturen, wie z.B. Erneuerung des Mastfußes einschließlich der Spanten.

Ende 1979 kaufte ich in einer Eignergemeinschaft mit Jürgen Falk, Flensburg, die „Magellan“ und taufte sie auf den Namen „Tykke Venn“ um. Nach einigen Veränderungen an der Takelage segelte ich die „Tykke Venn“ bis Ende 1982. Die Eisenflosse verursachte immer stärkere Leckagen, und das Deck war auch nicht mehr abzudichten. Eine gründliche Reparatur war nicht mehr aufzuschieben. Nach längeren Überlegungen und verschiedenen Kostenvoranschlägen entschied ich mich, die Werft Michaelsen und Sohn mit den Restaurierungsarbeiten zu beauftragen. Die Sonderburger Werft hat viele Vorteile. Alle einfacheren Arbeiten konnten von mir und meinen zahlreichen Helfern selbst ausgeführt werden. Der Seniorchef übernahm für alle Arbeiten die Bauaufsicht. Michaelsen hat früher selbst ähnliche Schiffe auf seiner Werft gebaut. Er konnte bei den Ausführungen auch auf einen Riss zurückgreifen, den ich im Altonaer Museum bekam. Die Schwertflossenkonstruktion wurde durch einen „Wiegenfußkiel“ ersetzt – damals eine sehr häufig gebaute Variante zum Schwert. Als fester Ballast wurden ca. 650 kg Blei in den Eichenkiel eingegossen. Der Vordersteven wurde im Unterwasserbereich etwas angespitzt, um bessere Segeleigenschaften zu erreichen. Die beiden unteren Plankengänge zum Kiel wurden erneuert (in Kiefer, um eine bessere Dichtigkeit gegen die Eichenplanken zu erreichen). Das Eisenruder wurde wieder durch ein Holzruder ersetzt. Nach dem Abriss der alten Sperrholzkajüte und des Decks stellte ich fest, dass von der alten Konstruktion oberhalb der obersten Planke (wie vorausgesehen) nichts mehr zu gebrauchen war. Schanzdeck, Stützen, Poller, Decksbalken, Deck und Aufbauten mussten neu. Mit Ausnahme der Decksplanken (dafür wurde Kalmarkiefer genommen) wurde zum Bau ausschließlich Eiche verwendet. Die Werft in Sonderburg leistete saubere, schnelle und gute Arbeit. Im Dezember 1982 war die Kielkonstruktion fertig, die Decksveränderungen waren Ende Januar 1983 abgeschlossen. Die Vorderkajüte hat ihr ursprüngliches Aussehen erhalten, der Laderaum entspricht zwar nicht dem Original, stellt aber einen durchaus vertretbaren Kompromiss dar, der auch damals hätte passieren können. Zum Kalfatern – auch beim Deck – wurde Baumwolle bzw. Hanf und Teer benutzt. Das neue Holz wurde mit Leinöl, Leinölfirnis und Benar konserviert. Außenanstrich mit “Farvolin”. Alle Beschläge schmiedete mein Dorfschmied – anschließend wurden sie tauchverzinkt. Damit der Laderaum nicht allzu dunkel ist, wurden im Deck noch Lichtprismen eingelassen. Bis auf den Innenausbau ist die ab 1. Mai 1983 “Greta”, Flensburg, fertig. Nach der Rumregatta wird nach und nach der Innenausbau folgen müssen – das wird allerdings mehr Zeit brauchen.

Günther Wulf